Methodenchaos in der Hufbearbeitung
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„Nach welcher Methode arbeitet Equipodo eigentlich?“, so die Frage von Kunden.
Eigentlich eine berechtigte Frage, denn der Pferdebesitzer sollte sich durchaus dafür interessieren nach welchen Kriterien ein Hufbearbeiter die Hufe des eigenen Pferdes bearbeitet.
Allerdings gibt es da mittlerweile eine großes Problem. Wir haben in der Hufbearbeitung nicht 3 oder 4 vielleicht auch 5 oder 6 Methoden, sondern rund 30 verschiedene Methoden je nach Zählweise. Kann sich in diesem Methodendschungel noch ein Kunde zurechtfinden? Definitiv nein! Selbst Hufexperten verirren sich manchmal zwischen Huforthopädie, NHC, F-Balance, Sohlentheorie, Fesselstandstheorie, Hoofmapping, NBS oder einer der vielen anderen Hufbearbeitungsansätze. Auch innerhalb einer Bearbeitungsrichtung werden oftmals eher die Unterschiede als die Gemeinsamkeiten betont. Wer z.B. einen Hufpfleger nach NHC hat, müsste eigentlich noch erfagen, ob er nach Ramey, Jackson, Poss oder einer der 20 anderen Experten arbeitet und die Huforthopäden gibt es in der DHG-Form und der Biernatvariante, die Schmiede arbeiten auch nach diversen Methoden usw…
Wie konnte es dazu kommen?
Der zentrale Grund des Methodenchaos‘ , liegt in der fehlenden Überprüfung der Wirksamkeit der Bearbeitung. Keiner dieser Experten musste sich jemals einer ernsthaften Überprüfung seiner Vorgehensweise stellen, schon gar nicht einer wissenschaftlichen. Dies trifft leider uneingeschränkt auch auf die klassischen Methoden der Hufschmiede zu. Selbst als man längst in der Lage war die gängigen Methoden nach klaren wissenschaftlichen Vorgaben zu überprüfen, tat man das nicht. Dabei hätte eine fundierte Überprüfung schnell ergeben, dass wichtige anatomische Grundannahmen nicht stimmen können. Stattdessen beharrte die große Mehrheit der Hufschmiede auf der absoluten Richtigkeit ihrer Arbeitsmethoden und das hatte Folgen.
Denn nicht alle in der Welt glaubten zwangsläufig, dass alles einfürallemal festgeschrieben sei. Sie starteten Experimente mit anderen Herangehensweisen. Angefangen bei Strasser, über Biernat bis hinzu Ramey und Jackson und heute Schmiede wie Daniel Anz stellten die Systeme auch grundsätzlich infrage. Sie konnten dabei auf viele verzweifelte Pferdebesitzer bauen, denen die gängigen Berabeitungsformen nicht nur nicht halfen, sondern sogar schadeten.
So sehr sich diese Aktivitäten auch positiv auswirkten, da wirklich einige sehr brauchbare neue Methoden entstanden, so sehr produzierten sie auf der anderen Seite eben das heutige Methodenchaos. Es war keineswegs so, dass mit der Neuentwicklung einer neuen Methode ein alte oder sogar mehrere alte Methoden abgelöst wurden, wie das in der Wissenschaft üblicherweise der Fall ist.
Jede neue Methode kam einfach hinzu und vermehrte somit jedes Jahr die Zahl der Bearbeitungssysteme.
Um mal ein Beispiel zu benennen: Sollte Daniel Anz mit seiner Definition der individuellen Trachtenlänge eines Pferdes Recht haben, erübrigen sich viele andere methodische Ansätze der Hufbearbeitung sofort. Ganze Bearbeitungsrichtungen würden sofort wegfallen.
Aber das scheint keinen der Fachleute zu interessieren und so vermehren sich die Hufbearbeitungsmethoden grenzenlos weiter.
Und jetzt raus mit der Sprache, nach was arbeitet Ihr denn nun?
Ich gehörte zu denen, die Anfang der 1990er Jahre verzweifelt anfingen nach eigenen Systematiken zu arbeiten. Dabei stellte ich unter anderem fest, dass niedrige Trachten der Schlüssel zu größerem Erfolg sind, also ganz im Gegensatz zur damaligen Strategie des „Trachtenzüchtens“. Auf Basis dieser Erkenntniss entwickelte ich meine eigene Systematik.
Da ich mir meiner Methodik aber nie so ganz sicher war, suchte ich irgendwann gezielter nach neuen Ansätzen und fand in Pete Ramey einen Experten, der meinen Vorstellungen und Erfahrungen sehr nahe kam, aber diese viel besser systematisiert hatte als ich.
Als Daniel Anz mit seiner Methodik auf dem Markt drängte, baute ich diese dankbar in meine ein. Ach wenn ich nicht jedes Pferde nach F-Balance bearbeite, stellt diese Methode doch eine exzellente Weiterentwicklung der Sohlentheorien dar, zu denen ich Ramey, Anz und meine bescheidene Vorgehensweise zähle.
Interessanterweise kann man das Arbeiten nach Sohlentheorie auch historisch bestens begründen. Vieles ist also gar nicht so neu, wurde leider nur wieder vergessen. Vor dem 2. Weltkrieg und einige Jahre danach, gab es in Deutschland auch schon eine Bearbeitungsform nach der Sohle. Sie stand gleichberechtigt neben der nach Fesselstand. Im Rahmen des Niedergangs des Hufschmiedehandwerks in den 1950er und 60er Jahren, verschwand die Sohlentheorie leider in der Versenkung. Mit dem Neuaufbau der Lehrschmieden im Rahmen der rasanten Sportpferdeentwicklung wurde sie nicht mehr gelehrt, sondern voll und ganz auf die Fesselstandstheorie vertraut, eine fatale Entwicklung wie wir heute wissen.
Heute empfehle ich Hufschmieden wie Hufpflegern sich in jedem Fall das Arbeiten nach F-Balance anzueignen. Richtig ausgeführt, bildet die Methode eine exzellente Grundlage für gute Arbeit. Und deshalb muss meine Geschäftspartnerin Annika Katholnig auch ihr Zertifkat als „Professional F-Balance“ nachweisen.